Dass die Pflegekosten steigen, ist bekannt – Zusatzversicherungen schützen hier vor hohen Eigenanteilen. Mindestens so wichtig ist allerdings eine Vorsorgevollmacht: Nur damit sind du und deine Angehörigen im Ernstfall voll handlungsfähig. Warum du das besser nicht auf die lange Bank schieben solltest, verrät dir Rechtsanwalt Eric Zimmermann.
Im letzten Finance Fact haben wir erfahren, wie wichtig es ist, sich mit der richtigen Vorsorge gegen hohe Eigenanteile in der Pflege abzusichern. Doch das Geld allein ist hier allerdings nur die halbe Miete: Ohne eine Vorsorgevollmacht können selbst enge Familienmitglieder im Ernstfall keine Entscheidungen zu Finanzen, medizinischer Versorgung oder Unterbringung treffen. Die richtige Absicherung für den Pflegefall umfasst daher mehr als nur eine Police – sie „beginnt“ gewissermaßen mit einer wirksamen Vorsorgevollmacht. Worauf es hier ankommt und was für Probleme entstehen können, wenn diese Angelegenheiten nicht rechtzeitig geregelt werden, hat uns Rechtsanwalt Eric Zimmermann erläutert.
Was ist eine Vorsorgevollmacht und warum ist diese so wichtig?
Mit einer Vorsorgevollmacht gibst du einer von dir ausgewählten Person das Recht, wichtige Entscheidungen für dich zu treffen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind – beispielsweise, wenn du einen Unfall hattest und nicht selbst in der Lage bist, dich entsprechend zu äußern. Du bestimmst also, wer dich im Krankheitsfall rechtlich vertreten soll. Tust du dies nicht, entscheidet ein Gericht darüber. Umgekehrt gilt das natürlich auch, wenn einer deiner Angehörigen entscheidungsunfähig wird – das gilt auch für Kinder ab 18 Jahren.
Während eine Vorsorgevollmacht dabei ein umfassendes juristisches Konstrukt darstellt, beschränkt sich die – Vielen etwas geläufigere – Patientenverfügung auf medizinische Wünsche. Analog dazu wird in einer Betreuungsverfügung nur festgehalten, wer vom Gericht zum Betreuer bestellt werden kann. Es bietet sich allerdings an, dies im Rahmen der Vorsorgevollmacht zu besprechen.
Wie sich eine Patienten- oder Betreuungsverfügung von einer umfassenden Vollmacht unterscheidet, darüber informiert u.a. die Verbraucherzentrale.
Es ist hier ganz wichtig zu verstehen:
Wurde keine Vollmacht erteilt, können Kinder oder Ehepartner nicht automatisch Entscheidungen für ihre Angehörigen treffen – und auch Eltern nicht für ihre volljährigen Kinder. Wer die betreuende Person ist, wird in diesem Fall tatsächlich rein gerichtlich festgelegt.
Mit einer Vorsorgevollmacht kann unter anderem die Gesundheitssorge (wie z. B. die Einwilligung in bestimmte medizinische Maßnahmen), die Bestimmung über den Aufenthalt oder auch eine rechtliche Vertretung gegenüber Behörden und Versicherungen festgelegt werden. Letzteres ist zum Beispiel wichtig, wenn es um Lebens- oder Rentenversicherungen geht. Hier kommt oft auch eine sogenannte Bankvollmacht ins Spiel, mit der die anvertraute Person Zugang zu Konten und Kapitalanlagen erhält.
Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung: Anzahl der vorhandenen Vorsorgedokumente 2023

Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung, 2024; Grafik: ONESTY
Was sagt der Jurist dazu?
Du merkst: Es handelt sich hier um einen absolut elementaren Bereich, bei dem professionelle Sorgfalt angebracht ist. Wer seine Angelegenheiten also ordentlich regeln möchte, sollte nicht auf Musterformulare aus dem Internet zurückgreifen, sondern das Gespräch mit einem Rechtsexperten suchen. Um dir wichtige Einblicke in diesen Themenkomplex zu geben, haben wir den Rechtsanwalt Eric Zimmermann von der Kanzlei Jura Concept gebeten, uns ein paar Fragen zu beantworten:
Herr Zimmermann, Sie sind als Anwalt auf das Thema Vorsorgevollmachten spezialisiert. Mit welchen Kunden haben Sie es hier üblicherweise zu tun?
Eric Zimmermann: Tatsächlich kommen zu uns fast ausschließlich Kunden von Versicherungsagenturen, deren Berater verstanden haben, dass eine richtige Absicherung nicht nur aus einer Versicherung besteht – sondern aus einer Versicherung und einem entsprechenden juristischen Fundament. Im Schadenfall gehen diese Bereiche Hand in Hand. In diesen Fällen wurden die Kunden mit einem tiefen Verständnis von der Materie beraten.
Kommen bestimmte Altersgruppen öfter auf Sie zu als andere?
Früher kamen eher ältere Personen auf uns zu, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Aber seit die Verknüpfung des Themas mit Versicherungen mehr und mehr bei den Endkunden ankam, schicken Eltern auch ihre volljährigen Kinder zu uns. Ich würde sagen, dass das Alter unserer Kernkundschaft zwischen 30 und 50 liegt. Also ein Alter, in dem man versteht, dass man eine gewisse Verantwortung trägt. Natürlich kommt es auch vor, dass junge Erwachsene ihre Eltern zu uns schicken, da sie sich Klarheit für den Fall der Fälle wünschen.
Der eher unangenehmen Thematik ist geschuldet, dass das Thema auf die lange Bank geschoben wird. Wie holen Sie Ihre Kunden hier ab?
Ja, deshalb bin ich hier eher ein Freund des Wortes „Generalvollmacht“. Das Problem ist, dass das Thema Vollmacht oft ausschließlich mit Pflege und Tod in Verbindung gebracht wird, was gerade von vielen Jüngeren eben lieber ausgeblendet wird. Dabei erteilen wir keine Vollmachten, weil wir davon ausgehen, dass etwas passiert – wir erteilen deshalb Vollmachten, weil der Gesetzgeber hier eine missliche Regelung etabliert hat. Mit einer Vollmacht reparieren wir gewissermaßen dieses vorgegebene Konstrukt. Ich begreife eine Vollmacht insofern also eher als einen „Sicherheitsgurt“ des Rechtslebens, die viel mehr Fälle abdeckt als die Pflege oder den Tod. Ganz wichtig ist das Thema beispielsweise auch bei einer Unfallversicherung.
Welche Probleme können entstehen, wenn diese Angelegenheiten nicht rechtzeitig geklärt werden?
Naja, das Problem ist hier die Sache selbst: Wenn mal jemand Entscheidungen treffen muss – wer tut dies dann? Die Frage des „Entstehens“ stellt sich hier meiner Meinung nach überhaupt nicht. Denn die Probleme sind bereits da. Der Staat hat ja bereits alles für mich geregelt. Wenn jemand entscheidungsunfähig wird und keine Vollmachten vorliegen, dann bestellt das Gericht einen Betreuer.
Es handelt sich hier nicht um eine Frage des Alters oder der momentanen Gesundheitssituation. Das Thema Vollmachten ist ein „no brainer“ für jede volljährige Person. Man wird auch keinen Brief bekommen, in dem man darauf hingewiesen wird. Der Status Quo ist einfach, dass der Staat dies bereits für einen geregelt hat. Man stelle sich vor, ein Angehöriger kann keine Entscheidungen mehr treffen und das Gericht bestellt die Mutter oder den Vater ein – die werden dann wie Fremde behandelt und dementsprechend kontrolliert. Mal abgesehen davon, will man bestimmte Angehörige vielleicht auch nicht finanziell verpflichten. Es kann ja niemand ernsthaft wollen, dass der Staat diese Entscheidungen für einen trifft – oder eben für die Angehörigen. Insofern ist die Sache wie gesagt eine absolute Selbstverständlichkeit. Ich freue mich also immer über Kunden, deren Versicherungsvermittler die Sache durchdrungen haben und in der Lage sind, wirklich ganzheitlich zu beraten.
Was würden Sie den Leserinnen und Lesern empfehlen, die dies noch nicht geregelt haben?
Schiebt das nicht auf die lange Bank. Wenn ihr mit einem Financial Trainer zur Vorsorge im Gespräch seid, sprecht auch das Thema Vollmachten an. Kümmert euch aktiv darum, denn es geht um nichts weniger als um ein Sicherheitsnetz des Rechtslebens.
Eric Zimmermann ist seit 15 Jahren Rechtsanwalt. Ursprünglich ausschließlich im Versicherungsrecht tätig, gründete er 2019 die auf die Themen Vermögensschutz, Nachlassplanung und Erbrecht spezialisierte Jura Concept Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Potsdam. Gemeinsam mit seinem Team hat er seitdem deutschlandweit mehr als 10.000 Mandanten auch hinsichtlich der Erstellung qualitativ hochwertiger und rechtssicherer Vorsorge- und Generalvollmachten beraten.
Pack die Pflege an!
Schluss mit dem Aufschieben: Dein Financial Trainer unterstützt dich dabei, das Thema Pflege zu Ende zu denken. Unser Versprechen: Wenn die passende Vorsorgestrategie einmal steht, fühlt man sich einfach besser.
