Neben Renditechancen und Kostenstrukturen spielen auch steuerliche Aspekte bei der Altersvorsorge eine große Rolle. Stefan Granel ist Kapitalmarktexperte und Geschäftsführer bei ONESTY und erklärt, wie die Vorabpauschale in diesem Jahr erstmals Fondssparer trifft.
Das Wichtigste zur Vorabpauschale vorab:
- Steuer, die auf die Wertentwicklung von Investmentfondsanteilen erhoben wird
- 2018 eingeführt
- Aufgrund der langen Niedrigzinsphase erstmals 2024 angewendet
- Höhe der Steuer ist von der Art des Fonds abhängig
- Sparer können Freibetrag von 1.000 Euro nutzen
Bei der Altersvorsorge dreht sich oft alles um das Risiko und die Rendite einer Anlage. Kommt da die steuerliche Betrachtung nicht etwas zu kurz?
Stefan Granel: Die steuerliche Komponente spielt eine genauso wichtige Rolle wie das Risiko, die Kosten oder die Rendite eines Produktes. Denn wie beim monatlichen Gehalt gilt auch hier: Brutto ist nicht gleich netto. Und am Ende kommt es doch immer darauf an, was der Sparer netto hat und über welche Liquidität er tatsächlich verfügt. Da unterschiedliche Anlageformen auch oft unterschiedlich besteuert werden, ist der Steuerabzug – sei es in der Ansparphase oder der späteren Rentenphase – vor der Produktauswahl auf jeden Fall zu beachten.
Eine noch relativ unbekannte Steuerlast ist die sogenannte Vorabpauschale. Was hat es damit auf sich?
Stefan Granel: Die Vorabpauschale gibt es zwar schon seit 2018, sie wird aber erst in diesem Jahr erstmalig angewandt. Der Grund ist, weil sie sich zur Berechnung immer am Zinsniveau deutscher Staatsanleihen orientiert. Und das war in den vergangenen Jahren so niedrig, dass die Vorabpauschale nicht zum Tragen kam. Mit der Zinswende ändert sich das nun ab diesem Jahr.
Welche Produkte sind von der Vorabpauschale betroffen?
Stefan Granel: Betroffen sind Investmentfonds und damit Anleger, die Einmalbeträge oder regelmäßige Sparraten direkt in Investmentfonds oder ETF investieren. Bei ihnen wird die Steuer für die Vorabpauschale nun jährlich direkt vom Verrechnungskonto eingezogen. Im Gegenzug werden die gezahlten Steuern am Ende angerechnet. Die gesamte Steuerlast bleibt damit für den Anleger gleich, sie wird aber nicht einmalig am Ende erhoben, sondern jährlich in kleineren Vorabpauschalen.
Klingt für Fondssparer doch wesentlich entspannter, oder?
Stefan Granel: Ich finde die Vorabpauschale etwas unglücklich. Normalerweise zahlt man Steuern, wenn man auch etwas einnimmt. Bei der Vorabpauschale werden jedoch Steuern fällig ohne das man Geld bekommt. Bei einem Fondssparplan, der langfristig über 30 Jahre beispielsweise für die Altersvorsorge gedacht ist, werden 30 Jahre lang Steuern direkt fällig, auch wenn sich der Anleger bis dahin aus dem Fondsguthaben gar nichts ausgezahlt hat. Am Ende ist durch die Anrechnung seine Steuerlast zwar geringer, es fühlt sich aber anders an als bislang und erfordert mehr Liquidität im Ansparprozess. Diese Liquidität steht dann nicht für weitere Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung oder muss aus dem aufgebauten Vermögen entnommen werden. Beides wirkt sich vor allem langfristig nachteilig auf das Ablaufergebnis aus.
Wie hoch ist die Besteuerung genau?
Stefan Granel: Das hängt zunächst von der Art des Fonds ab. Hier werden die Erträge je nach Fondsklasse unterschiedlich stark herangezogen bzw. mit unterschiedlich hohen Freistellungen angesetzt. Bei Mischfonds beträgt die Freistellung nur 15 Prozent, bei Aktienfonds 30 Prozent und bei Immobilienfonds 60 Prozent.
Teilfreistellung nach Fondskategorie
Die Erträge bilden die Grundlage. Welcher Steuersatz wird dann darauf angesetzt, um die Vorabpauschale zu ermitteln?
Stefan Granel: Das ist nicht ganz trivial. Wie schon gesagt, spielt das Zinsniveau eine Rolle, genauer gesagt der Basiszins. Dieser wird jährlich von der Bundesbank ermittelt. Für 2024 beträgt er 2,29 Prozent. Am Ende des Jahres wird nun der Fondsertrag mit 70 Prozent des Basiszins versteuert, abzüglich eventueller Ausschüttungen, versteuert.
Ein Beispiel: Der Fondsanteilspreis liegt Anfang 2024 bei 25.000 Euro und am Ende des Jahres bei 28.000 Euro. Das wäre eine Anteilspreissteigerung von 3.000 Euro.
Dann hieße die vereinfachte Rechnung:
Basisertrag = 25.000€ x 2,29 % x 0,7
= 400,75 Euro
Dieser Basisertrag wäre dann die Grundlage für die in 2025 zu zahlende Vorabpauschale. Wichtig: Jeder Sparer hat einen Freibetrag von jährlich 1.000 Euro, der dafür natürlich verwendet werden kann. Betroffene Anleger sollten bei dieser Frage und der Feststellung ihrer Vorabpauschale auf jeden Fall das Gespräch mit ihrem Financial Trainer suchen.
Welche Anlageform würden Sie, auch aus steuerlicher Sicht für die langfristige Altersvorsorge empfehlen?
Stefan Granel: Meines Erachtens bieten international aktienorientierte Fondsanlagen die besten Chancen für das langfristige Sparen. Vor allem unter dem Aspekt, die reale Kaufkraft – also nach Abzug der Inflation – erhalten zu können. Um auch steuerliche Vorteile mit nutzen zu können, empfiehlt sich eine Fondsanlage innerhalb einer Rentenversicherung. Sie bieten aufgrund Ein- und Auszahlungsmöglichkeiten flexible Gestaltungsmöglichkeiten sowohl in der Anspar- also auch in der Rentenphase. Zudem sind Fondswechsel während der Laufzeit kosten- und steuerfrei möglich und eine gute Möglichkeit auf veränderte Marktentwicklungen reagieren zu können.
Vorsprung
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Matthias
Seid ihr sicher, dass diese Rechnung richtig ist? Bei 30€ Kursgewinn scheint mir eine Steuerlast von 48€ doch etwas hoch. Sind das nicht eher 48 Cent?
Redaktion
Hallo Matthias. Danke für den Hinweis. Da hatte sich ein Fehler eingeschlichen, den wir korrigiert haben. Viel Spaß weiterhin beim Lesen.